Berlin, 08.12.2022: Viele gesetzlich Versicherte wünschen sich bei der Suche nach einem Psycho- therapieplatz mehr Unterstützung und Orientierung. Das ist ein Ergebnis der repräsentativen GKV-Versichertenbefragung*, die die Ipsos GmbH im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes durch- geführt hat. Ein Drittel der Befragten, die trotz psychischer Leiden im Befragungszeitraum keine Behandlung bekommen haben, geben als Grund an, dass sie Therapeutinnen und Therapeuten telefonisch nicht erreicht haben oder nicht zurückgerufen wurden.
Hinzu kommt: Von allen Befragten mit psychischen Leiden kennt nur ein gutes Drittel die seit 2018 gesetzlich vorgeschriebenen Zugangsmöglichkeiten in die psychotherapeutische Versor- gung: Die psychotherapeutische Sprechstunde kennen 59 Prozent nicht, dass therapeutische Pra- xen telefonische Sprechzeiten anbieten müssen, ist 64 Prozent der Befragten nicht bekannt.
Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband: „Für eine schnelle Versorgung ist es essenziell, dass Therapeutinnen und Therapeuten für unsere Versicherten erreichbar sind. Unsere Befragung zeigt, dass es hier noch Verbesserungsbedarf gibt. Insbesondere bei Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen können solche Hürden eine notwendige Behandlung verhin- dern. Die gute telefonische Erreichbarkeit psychotherapeutischer Praxen muss ebenso ein Min- deststandard sein wie Transparenz über freie Therapieplätze – beides sollten die Kassenärztli- chen Vereinigungen mit ihrem Prüf- und Sicherstellungsauftrag garantieren.“
49 Prozent suchen selbst nach einem Therapieplatz
Im Schnitt kontaktieren die Versicherten drei Therapeutinnen oder Therapeuten, bevor es mit ei- ner Sprechstunde und anschließender Therapie weitergeht. Knapp die Hälfte (49 Prozent) der Be- fragten nimmt direkt Kontakt zu Psychotherapeutinnen und –therapeuten auf. 15 Prozent werden über die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen vermittelt. Krankenkassen ver- mitteln 11 Prozent, ärztliche Praxen 2 Prozent. Durch die psychotherapeutische Sprechstunde be- kommen 8 Prozent den ersten Kontakt zu Therapeutin oder Therapeut.
Für 79 Prozent vergehen weniger als vier Wochen bis zum ersten persönlichen Kontakt
Unabhängig davon, ob das Erstgespräch vermittelt oder auf eigene Faust organisiert wurde: Für 79 Prozent der GKV-Versicherten vergehen weniger als vier Wochen bis zum ersten persönlichen Kontakt. Davon müssen sich 16 Prozent zwei bis vier Wochen und 23 Prozent ein bis zwei Wochen gedulden. Bei 40 Prozent klappt es innerhalb von sieben Tagen. Bei 21 Prozent der Befragten hin- gegen dauert es länger als vier Wochen. An den persönlichen Erstkontakt schließt sich die Zeit bis zum Beginn einer Therapie an. Dies dauert für 93 Prozent maximal vier Wochen: 47 Prozent kön- nen die Therapie innerhalb einer Woche beginnen. Bei je einem knappen Viertel sind es ein bis zwei und zwei bis vier Wochen. Bei 7 Prozent dauert es länger als vier Wochen von dem ersten persönlichen Kontakt bis zum Therapiebeginn.
Zeit bis zur Versorgung: Ein Drittel ist zufrieden
Wie bewerten die Versicherten selbst die Zeiträume, bis sie in die Versorgung kommen? Ein knap- pes Drittel gibt an, diese seien „genau meinen Wünschen entsprechend“. Ein Drittel antwortet mit „noch akzeptabel“, für ein weiteres Drittel ist die Zeit von Kontaktaufnahme bis Versorgung „zu lang“ oder „viel zu lang“.
„Viele Versicherte sind mit der Zeitspanne bist zur Erstversorgung zufrieden, doch für 21 Prozent der Versicherten mit psychischen Leiden dauert es länger als vier Wochen bis zum persönlichen Erstkontakt zur Therapeutin oder Therapeut. Gerade bei schweren psychischen Erkrankungen ist das zu lang. In dieser Situation ist es niemandem zuzumuten, reihenweise Praxen abzutelefonie- ren“, so Stefanie Stoff-Ahnis. „Therapeutische Praxen müssten deshalb einen wesentlichen Anteil ihrer freien Kapazitäten an die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen melden, damit diese stärker in die Vermittlung eingebunden werden können. Auch ärztliche Praxen kön- nen Patientinnen und Patienten auf dem Weg in die bedarfsgerechte Versorgung unterstützen. Natürlich stehen auch die Krankenkassen ihren Versicherten mit Rat und Tat zur Seite.“
*Befragt wurden 2.240 gesetzlich Versicherte im Alter von 18 bis 79 Jahre im Zeitraum vom 28.2.2022 bis 11.3.2022 über das Ipsos Online Access Panel. Die Repräsentativität wurde in Be- zug auf die demografischen Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung, Region (Bundesländer) und Haushaltsnetto-Einkommen hergestellt und durch die im Fragebogen verankerte Quotenstruktur gewichtet. Durchgeführt hat die Befragung die Ipsos GmbH (für Deutschland) im Auftrag des GKV-Spitzenverbands. Die letzte Befragung wurde analog 2019 durchgeführt.
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